Pressespiegel
     
     
  
„Treffen Sie Entscheidungen”
 

Kunstblüten im Nordbahnhof-Areal:
Ehemalige Studierende der Klasse Jonas bei op nord

Es war, das darf man glauben, eine gute Zeit. Tief sind die Spuren, die die Performance- und Konzeptkünstlerin Joan Jonas als Professorin für Bildhauerei in den Jahren 1995 bis 2000 an der Stuttgarter Kunstakademie hinterlassen hat - und offenkundig noch immer werden die von Jonas aufgezeigten Gedankenfaden aufgegriffen und weitergesponnen.
„Don't Call It Work” ist eine Schau betitelt, an der sich immerhin 21 ehemalige Studierende beteiligen „Nenn' es nicht Arbeit, nicht Werk-Sit Down", heißt es, Jonas zitie-rend, im Ausstellungstitel weiter, „And Make Decisions". Entscheidungen treffen als Kern und Antriebskraft von Kunst - da mag wohl niemand widersprechen Und so tun die Beteiligten gut daran Jonas' Satz nicht in theoretische Höhen zu entführen, sondern eher als spielerische Klammer um ein sich gegensätzlich ausdifferenzierendes Ganzes zu machen.
Sowohl die damals wie heute Beteiligten als auch die Nachfolgenden verstanden diese Botschaft wohl - und verwandelten die als Offene Positionen Nord (op nord) fir-mierenden Ausstellungräume der Ateliergemeinschaft Nordbahnhofstraße bei der Eröffnung in ein Forum andernorts ungenutzter Möglichkeiten. Fluchtpunkt Nordbahnhof das darf die Verantwortlichen im Künstlerhaus, im Württembergischen Kunstverein, aber auch im Kunst- museum durchaus aufhorchen lassen.
Funktioniert die noch bis einschließlich Sonntag zu sehende Ausstellung aber auch ohne die Eröffnungsstimmenvielfalt von Konzert und Performance? Überraschend gut, und dies vor allem, weil der Jonas-Ruf nach Entscheidungen offenkundig noch immer gehört wird Vanessa Henns skulpturales Linienspiel ist hier ebenso zu nennen wie das gerade in der Umsetzung überzeugende Purzelbaum-Konzept des sonst mitunter zu weit ausgreifenden Alexander Schikowski. Elke Trautmann ist zu nennen - weit eher mit ihrer Fotoserie „Public Library” und der in sie eingebetteten Konkretisierung von Wegstrecken innerhalb der Bibliothek denn mit ihren Flash-Animationen zu Klängen von Kirchenglocken. Die Versuchung der Technik ist auch für andere im Rund groß, und so kommt das Internetprojekt „Mind The Gap” von Monika Jäckel gerade recht. Ihr Thema: Web-Logs als Meinungsmacher einer sehr nahen Zukunft. Hier könnte, hier müsste eine der Stuttgarter Kunstinstitutionen einhaken, den Faden aufnehmen, eine Entscheidung treffen für ein eigenes Projekt.
Zumindest für einen Moment scheinen sich auch jene Männer entschieden zu haben, die Hyun-Joo Min als frisch gekürte Ehegatten vorstellt. Und doch werden sie rasch ausgewechselt, belegt ihre Gegenwart auf fingierten Hochzeitsfotos nur, wie unterschiedlich vorgegebene Situationen in wechselnden Konstellationen erscheinen.
Viel Unterstützung verlangt eine solche Schau - und einige Zeit für das Videoprogramm. „Students Can Do A Lot”, sagte Joan Jonas gerne. Stimmt, und das Schöne ist, dass sich das einmal geprägte Selbstbewusstsein hält, es andere ansteckt und begeistert - und damit auch den Boden bereitet für den 2005 erhofften neuen Schwung in der Kunstszene Stuttgarts.

Nikolai B. Forstbauer
Stuttgarter Zeitung, 17.12.2004
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Leibesübungen
 

Klasse Joan Jonas im op-nord

Purzelbäume vor dem Buckingham Palace - darf man das? Alexander Schikowski darf. Während die Touristen das Anwesen der Queen bestaunen, trainiert der Künstler Rolle vorwärts. Das akademische Rüstzeug fürs Bodenturnen vermittelte ihm Joan Jonas, die von 1995 bis 2000 als Professorin am Weißenhof wirkte. Jetzt hat ihre in Stuttgart verbliebene Schülerschar die in alle Welt ausgeschwärmten Exklassenkameraden zurückgeholt und zu einer über- raschenden Gruppenschau vereint. Obendrein erinnert die Ausstellung im op nord an einen wunden Punkt in der Personalpolitik der Kunstakademie: Abgesehen von einer kurzen Interimsbesetzung nämlich ist die Stelle der weltbekannten Video- und Performancekünstlerin seit vier Jahren verwaist.
Neben Schikowski, der seine Leibesübungen als Fotoserie dokumentiert, beweisen zwanzig weitere Eleven, dass Jonas ein paar pfiffige Nachwuchskünstler herangezüchtet hat. Die mit Noppen und Teufelshörnchen bewachsenen Gipsplastiken von Mirja Metzger sind ebenso köstlich wie die bösen Gören, die Monika Nubers Animationsfilm zum Tanzen bringt. Wer sich immer schon gefragt hat, was eigentlich aus dem letzten Einhorn geworden ist, erfährt aus Antje Rittermanns Zeichnungen, wie das Fabeltier geschlachtet und ausgenommen wird.

lei
Stuttgarter Zeitung, 17.12.2004
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  Nenn es nicht Arbeit!
   

Joan Jonas-Schüler operieren im op-nord

Er könnte jedem Werbespruch Konkurrenz machen: „Don't call it work... - sit down and make decisions", lautete der Rat von Joan Jonas an einen ihrer Studenten, als der ihr im Korrekturgespräch von einer neuen Idee erzählte, aber über die viele Arbeit jammerte. Dieses typisch amerikanische Motto, Entscheidungen zu treffen und so das Zukünftige einfach anzupacken, haben nun 21 Künstlerinnen als Titel für ihre Schau im op-nord gewählt.
Gewissermaßen als Hommage: Sie alle studierten an der Stuttgarter Akademie bei der New Yorker Performance- und Videokünstlerin, die zwischen 1995 und 2000 hier unterrichtete. Der Titel beschreibt aber auch die Sichtweise der ehemaligen Jonas-Studenten.
Ihnen geht es nicht darum, klassisch schwere Werke zu stemmen, sie interessieren sich wie ihre einstige Professorin für Prozesse, Geschichte und Geschichten und setzen dies individuell oder im Team meist mit Medien wie Video und Performance um. Entsprechend vielfältig sind die Beiträge. Am Nordbahnhof sezieren sie nicht nur per Video und Performance Wahrnehmung, Leben und Kunst, sondern auch mittels Zeichnungen, Collagen, Plastiken, Objekte, Installationen, Fo-tos, Prints, Soundpieces oder Flash Animation.
Egal wie man das benennt, eines wird mit diesem Eingriff deutlich: Dass Documenta-Star Joan Jonas an der Akademie eine Lücke hinterließ
und eine dauerhafte Neubesetzung ihrer Professur mit dem Schwerpunkt Performance und Video endlich umgesetzt werden müsste.

PEM
lift Stuttgart, 12.2004

 
     
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Ausstellung: 20 Künstler/innen der ehemaligen Klasse Joan Jonas stellen aus
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Ausstellungsübersicht
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Anfahrtskizze
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Andrea Zug - Reminder
 
Neun Selbstporträts aus 15 Jahren umkreisen in Andrea Zugs Installation „Reminder” (Foto) die Ausstellungs- besucher und sich selbst - doch drehen sich die Werke von 21 ehemaligen Studierenden von Joan Jonas keineswegs im Kreis. Zu entdecken sind unter anderem gegensätzliche Video Positionen von Monika Nuber und Birgit Haase.
     
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