Pressespiegel
     
     
  
Yvonne Rothe im Atelierhaus
Die Poesie des Alltags
 


Der Kontrast könnte kaum größer sein. Während die letzte, "Manni" betitelte Gruppenausstellung im Ausstellungsraum des Atelierhauses Norbahnhofstr. 45 eher laut und proletarisch daherkam, verzaubert die momentane Einzelausstellung von Yvonne Rothe durch leise, poetische Töne. Der Besucher fühlt sich ein bisschen wie Alice im Wunderland. Auf den Holzplanken der ehemaligen Hausmeisterwohnung stehen - von frisch gestrichenen weißen Wänden umgeben - drei riesige Eiskristalle. Beim näheren Erkunden offenbart sich das Gebilde als transparente Kugel, die sich aus mehreren Hundert durchsichtigen Plastikbechern zusammensetzt, die mit metallenen Büroklammern zusammengesteckt wurden. So weit wie es die jeweilige Neigung zulässt, sind alle Becher mit Wasser gefüllt. Dadurch erklärt sich nicht nur der zweideutige Titel "Bowle", sondern auch das zwischen Atemlosigkeit und Zerstörungswut changierende Gefühl, das den Betrachter überkommt. Auch bei der Installation "Wasserzeichen" ist das Ausgangsmaterial sehr unspektakulär. Ein Wasserhahn, ein Plastikschlauch und ein paar Dutzend Stecknadeln genügen der Karlsruher Künstlerin, um auf einem alten Linoleumboden ein spannendes Mitmach-Theaterstück aufzuführen. Das langsam aus dem Schlauch tröpfelnde Wasser bildet eine Pfütze, die sich entsprechend der Raumtemperatur, der Bodenbeschaffenheit und der eventuellen Interaktion der Besucher über den Boden verteilt und den mit Stecknadeln dokumentierten Grundriss der Pfütze am ersten Ausstellungstag nach und nach durchbricht und überschwemmt.
Die scheinbar wahllos über eine schwarze Tischdecke verstreuten Zuckerkristalle kommen zunächst weniger poetisch daher. Durch ein an die Wand geheftetes Bild, das die südliche Hemisphäre des Sternenhimmels zeigt und eventuelle Erinnerungen an den letzten Planetariums-Besuch entpuppt sich die Lage der einzelnen Kristalle als Abbild der Sternbilder der nördlichen Hemisphäre. Ein ähnliches Déjà-Vu-Erlebnis hat der Besucher, wenn er entdeckt, dass der scheinbar zufällig über dem Boden zersplitterte Spiegel auf der anderen Seite der Wand ein exakt spiegelbildliches Gegenüber hat. Selten waren Alltagsmaterialien so anmutig wie hier.

Marko Schacher
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Ausstellung: Yvonne Rothe
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